Gliederung, zentralörtliche

Gliederung, zentralörtliche

Die zentralörtliche Gliederung ist ein wichtiges Instrument der Landes- und Regionalplanung und wird in den Raumordnungsplänen festgesetzt. Die Basis der zentralörtlichen Gliederung ist das Zentrale-Orte-System.(1)

Das Zentrale-Orte-System geht auf die Arbeiten von Walter Christaller (1933) zurück. Es handelt sich um eine ökonomische Theorie optimaler  Standorte des tertiären Sektors, genauer: der haushaltsorientierten, auf die Endnachfrage bezogenen Handels- und Dienstleistungsfunktionen. Sein Ziel war die Ableitung von Gesetzmäßigkeiten über die Größe, Anzahl und räumliche Verteilung von Siedlungen mit »städtischen«, d. h.  tertiärwirtschaftlichen Funktionen. Eine Reformulierung der Zentrale-Orte-Theorie unternahm 1940 August Lösch, der die ökonomischen Grundlagen der Theorie klarer herausarbeitete und diese in einen weiteren Rahmen der neoklassischen Raumwirtschaftstheorie einbaute. Lösch zielte auf eine  umfassende gesamtwirtschaftliche Theorie von Standorten und Marktgebieten. Die unterschiedliche Zielsetzung verdeutlicht den Doppelcharakter der
zentralörtlichen Theorie: einerseits als Theorie zur Erklärung der Größe und räumlichen Verteilung von Städten, andererseits als Standorttheorie absatzorientierter Betriebe und ihrer Marktgebiete.

»In der Theorie der Zentralen Orte versteht man unter einem Zentralen Ort im allgemeinen Sinn eine Standortagglomeration (»Cluster«) von Einrichtungen, die Güter (Waren und Dienste) für räumlich begrenzte Marktgebiete anbieten. Damit sind vor allem die haushaltsorientierten, auf die Endnachfrage bezogenen Handels- und Dienstleistungsfunktionen angesprochen. Dieser allgemeine Zentrale-Orte-Begriff ist auf unterschiedlichen Maßstabsebenen anwendbar: von kleinen Nachbarschaftszentren über Stadtteil- und Stadtzentren bis zu Hauptstädten und Metropolen. Ebenso lässt er sich auf besondere Zentrentypen wie Shopping-Center und Fachmarktzentren anwenden. (..) Der allgemeine Zentrale-Orte-Begriff liegt der Theorie der Zentralen Orte zugrunde. Die geographisch-landeskundliche Forschung sowie Raumordnung und Landesplanung verwenden hingegen zumeist den auf ganze Siedlungen bzw. Gemeinden bezogenen speziellen Zentrale-Orte- Begriff. Dabei ist wiederum zwischen dem analytisch-deskriptiven Zentrale-Orte-Begriff der Wissenschaft (Ist-Aussage) und dem normativ-instrumentellen Begriff der Raumordnung (Soll- Aussage) zu unterscheiden. Im letztgenannten Sinn einer landesplanerischen Funktionszuweisung an Gemeinden wird der Zentrale-Orte-Begriff heute zumeist in der Planungspraxis verwendet.«(2)

Zentrale Orte übernehmen neben der Versorgung ihrer Einwohner festgeschriebene Versorgungsund Entwicklungsfunktionen für die Bevölkerung ihres Einzugsbereichs (auch Verflechtungsbereich genannt). Das zentralörtliche System ist hierarchisch gegliedert in

Grund-, Unter- bzw. Kleinzentren,
Mittelzentren und
Oberzentren,

welche auf verschiedenen Planebenen der Bundesländer festgelegt werden. In einigen Bundesländern gibt es weiterhin auch Zwischenstufen in der Hierarchie. Die Verflechtungsbereiche werden entsprechend ihrer Zuordnung zu einem Zentralen Ort Nah-, Mittel- oder Oberbereich genannt (vgl. auch die Ausführungen unter Standortlagen nach administrativen Gesichtspunkten).

Auf der untersten Hierarchiestufe befinden sich die Grundzentren bzw. Unter- oder Kleinzentren mit einem zugehörigen Nahbereich. Sie werden üblicherweise in Regionalplänen ausgewiesen und haben unter anderem die Aufgabe, den Grundbedarf (täglicher Bedarf) der Bevölkerung zu decken und ein Mindestmaß an öffentlicher und privater Infrastruktur anzubieten (Hauptschule, Arzt, Apotheke, Handwerksbetriebe, etc.).
Mittelzentren sind zentrale Orte zur Deckung des gehobenen periodischen Bedarfs der Bevölkerung im Mittelbereich (zum Abitur  führende Schulen, Krankenhäuser, vielseitige Einkaufsmöglichkeiten, etc.) und werden durch die Landesplanung ausgewiesen. Sie sind zugleich Arbeitsmarktzentrum für ihren Verflechtungsbereich.
Oberzentren werden ebenfalls durch die Landesplanung ausgewiesen und decken den höheren spezialisierten Bedarf der Bevölkerung im Oberbereich (mit Fachhochschulen/Universitäten, Spezialkliniken, Großkaufhäusern, etc.). Zugleich verfügen Oberzentren häufig in größerem Umfang über qualifizierte Arbeitsplätze.

 

Quelle

Definitionen zur Einzelhandelsanalyse © gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V., 01. Februar 2014, (1) http://www.arl-net.de/lexica/de/zentrale-orte-system?lang=en, Zugriff am:13.06.2012, (2) Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover, 2005, S. 1307ff.