Der Begriff »worst case« bezeichnet im Rahmen einer Prognoserechnung die aus einem definierten Blickwinkel heraus erwartete ungünstigste Fallkonstellation. Damit sollen für die mögliche Realisierung eines Projektes die denkbar ungünstigste Entwicklung beschrieben und die möglichen Konsequenzen eines entsprechenden Handelns aufgezeigt werden. Das Gegenteil des »worst case« stellt der »best case« dar. Zwis chen diesen Extremwerten wird verschiedentlich auch ein »medium case« oder »moderate case« dargestellt (irreführend auch als »realistic case« bezeichnet).
Häufige Verwendung findet der »worst case«-Ansatz in Auswirkungsanalysen für Einzelhandelsprojekte, ohne dass es hierzu gesetzliche Vorgaben gibt. Es findet sich aber immer wieder die Behauptung, ein »worst case« würde »von der Rechtsprechung gefordert«, was allerdings so nicht zutreffend ist. Gefordert ist lediglich eine sachgerechte Sachverhaltsermittlung durch den Gutachter. Die Verwendung eines »worst case«-Ansatzes ist nur dann erforderlich, wenn nachvollziehbar darlegt werden kann, dass nur (!) eine solche Betrachtung im konkreten Einzelfall methodisch einwandfrei ist.(1) Ein »worst case« sollte nur dann betrachtet werden, wenn andere methodische Ansätze für die Sachverhaltsermittlung offensichtlich unzureichend oder ungeeignet sind.
Kritik an der Verwendung des »worst case« in Auswirkungsanalysen entzündet sich v.a. an dem Umstand, dass mit Bezug auf einen »worst case«-Ansatz verschiedene Parameter durch Annahmen des Gutachters beeinflusst werden können (sog. »Stellschrauben«). In Abbildung E-4 wird auf die Vielzahl solcher Einflussgrößen hingewiesen. Insbesondere die in Auswirkungsanalysen verschiedentlich praktizierte Kombination von »worst case«-Annahmen für mehrere Einflussgrößen führt zu dem rechnerischen Effekt, dass sich die Wirkungen gegenseitig verstärken, ohne dass hierfür die entsprechenden (kleinen) Wahrscheinlichkeiten angegeben werden.
Während ein »worst case«-Ansatz bei einem oder bei einigen wenigen dieser Parameter ggf. noch vertretbar sein kann, führt ein solcher Ansatz bereits bei mehreren Parametern dazu, dass ein Einzelhandelsprojekt nicht mehr realitätsnah beurteilt wird, wenn auf die Angabe der hierfür im Regelfall kleinen Wahrscheinlichkeiten verzichtet wird.(2)
Definitionen zur Einzelhandelsanalyse © gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V., 01. Februar 2014, (1) OVG Koblenz, Urt. v. 15.11.2010 – 1 C 10320/09.OVG -, juris Rdnrn. 81 ff. zur Bewertung von Gutachten, (2) vgl. ecostra: Die Not der kommunalen Entscheidungsträgern mit ihren Einzelhandelsgutachte(r)n. In ecostra- Newsletter, 10 / 2011, S. 4; Download von http://www.ecostra.de/cont_newsletter/newsletter_2011-10.pdf