Kaufkraftstrom

Kaufkraftstrom

Um den Einzelhandelsumsatz einer Gebietseinheit (z.B. Kommune) insgesamt oder bezogen auf einzelne Branchen bestimmen zu können, muss  ermittelt werden, inwieweit die in der Gebietseinheit oder ihrem Umland vorhandene Kaufkraft (= Kaufkraftvolumen) dem Einzelhandel in dieser Gebietseinheit zufließt oder zu anderen Anbietern abfließt. Die einzelnen Ströme lassen sich nach folgender Formel darstellen:

»Kaufkraftvolumen (KKV) ./. Abflüsse + Zuflüsse = Marktvolumen«.

Kaufkraftströme lassen sich insgesamt oder für einzelne Branchen – mit entsprechendem Untersuchungsaufwand – auch separat für jede einzelne Zone des Marktgebietes und das Marktgebiet gesamt darstellen.

Die Kaufkraftstrom-Rechnung soll in nachvollziehbarer Weise, in vereinfachter Form und in Zahlen ausgedrückt verdeutlichen, zu welchen  Einzelhandelsstandorten / Angebotsagglomerationen / großflächigen Einzelanbietern die Kaufkraft der Wohnbevölkerung der einzelnen Marktzonen fließt. Die Gebietseinheit, deren Marktvolumen ermittelt werden soll, ist problemgerecht abzugrenzen: Es kann z.B. ein einzelner Standort, eine Straße, eine Innenstadt oder ein Vorortzentrum sein, aber auch eine peripher gelegene Standortlage oder in vielen Fällen eine Gemeinde. Des Weiteren sind die Gebiete zu bestimmen, in die Kaufkraft abfließen (Zielgebiet(e)) oder aus denen Kaufkraft zufließen kann (Quellgebiet(e)); in untenstehender Abbildung wird vereinfachend nur von dem y-Gebiet gesprochen, in Standortgutachten kann es jedoch angezeigt sein, dieses Gebiet in Unterregionen zu differenzieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Kaufkraft an Anbieter im traditionellen Versandhandel oder im Internet abfließen kann. Die Berechnung der weiter unten genannten Kennzahlen zu den Kaufkraftströmen erfordert folgende Schritte:

(1) Bestimmung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft in den Quellgebieten,
(2) Ermittlung der Einkaufsbeziehungen der Wohnbevölkerung in den verschiedenen Quellgebieten mit den Zielgebieten (z.B. durch Befragung),
(3) Ermittlung des Umsatzes im Quellgebiet x und gegebenenfalls in den übrigen Zielgebieten.

Mit diesen Angaben lassen sich dann die folgenden Quoten errechnen:

(a) Kaufkraft-Bindungsquote

Die Bindungsquote gibt an, welcher Prozentsatz des in einer Gebietseinheit (z.B. Kommune, Marktzone, Einzugsgebiet) vorhandenen Kaufkraftvolumens durch die Anbieter an einem bestimmten Standort gebunden und somit an diesem Platz zu Umsatz verwandelt wird. Es kann auch so formuliert werden: die Kaufkraft-Bindungsquote setzt die Differenz von Umsatz in der betreffenden Gebietseinheit und der Kaufkraft-Zuflussquote ins Verhältnis zu der in dem Gebiet vorhandenen Kaufkraft.

(b) Kaufkraft-Abflussquote

Der prozentuale Anteil des Kaufkraftvolumens einer Gebietseinheit, der durch die Anbieter der Gebietseinheit nicht gebunden wird, sondern zu Anbietern in anderen Gebietseinheiten abfließt (einschl. Versandhandel, TV-Handel, Online-Handel).

(c) Kaufkraft-Zuflussquote
Der prozentuale Anteil der einer Gebietseinheit (z.B. Ort, Zone, Einzugsgebiet) aus anderen

Gebietseinheiten zufließenden Kaufkraftzuflüsse an der in diesem Gebiet vorhandenen Kaufkraft. Der entsprechende Einzelhandelsumsatz wird mit Kunden getätigt, die ihren Wohnort außerhalb der abgegrenzten Gebietseinheit haben. Hierbei lassen sich zwei Fälle unterscheiden:

Kunden, die aus benachbarten Gebietseinheiten stammen,

Kunden, die aus räumlich weiter entfernten Gebietseinheiten stammen und sporadisch und eher

selten einkaufen, wie dies z.B. bei Touristen der Fall ist. Bei allen drei Kennziffern wird das in der betreffenden Gebietseinheit vorhandene Kaufkraftvolumen als Basis gewählt. Mit den gegebenen Kaufkraftströmen ließe sich auch ermitteln, welcher Anteil des in der Gebietseinheit erzielten Umsatzes auf Kaufkraftzuflüsse und welcher Anteil auf gebundene Kaufkraft aus der betreffenden Gebietseinheit zurück zu führen ist.

Entsprechen sich Kaufkraftabfluss und Kaufkraftzufluss, liegt eine Zentralität von 100 vor. Es wird auch von der Umsatz-Kaufkraft-Relation gesprochen.

In dem folgenden Beispiel wird für den untersuchten Ort eine Umsatz-Kaufkraft-Relation von 76% ausgewiesen, was bedeutet, dass der Umsatz der Geschäfte an diesem Ort nur etwa 3/4 der an diesem Ort vorhandenen Kaufkraft entspricht; die Einzelhandels-Attraktivität dieses Ortes ist relativ gering.

 

Quelle

Definitionen zur Einzelhandelsanalyse © gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V., 01. Februar 2014