Einzugsgebiet (EZG)

Einzugsgebiet (EZG)

Mit dem Einzugsgebiet eines einzelnen stationären Handelsbetriebes (Einzelhandel im institutionellen Sinne) oder einer räumlichen Agglomeration von Handelsbetrieben (z.B. in der Innenstadt, in einem Einkaufszentrum oder in einem zentralen Versorgungsbereich) ist jenes geographische Gebiet gemeint, aus dem seine Kunden stammen.

Bei der deterministischen Abgrenzung von Einzugsgebieten von Einzelhandelsbetrieben wird ein Quellort (im Regelfall der Wohnort privater Haushalte) dem Einzugsgebiet eines bestimmten Handelsbetriebes dann zugerechnet, wenn kein Handelsbetrieb in einer anderen Standortlage (oder eine Agglomeration) für diesen Ort eine größere Bedeutung hat (z.B. gemessen an der Häufigkeit der Einkäufe).

Nach probabilistischer Sicht können sich die Einzugsgebiete konkurrierender Einzelhandelsbetriebe, Einkaufszentren und/oder sonstiger  Einzelhandelsstandorte überlappen, d. h. die Nachfrager aus bestimmten Orten (Quellorten) kaufen mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten in den für sie erreichbaren Angebotsorten. Die Grenzen eines Einzugsgebietes geben dann an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Nachfrager aus einem  bestimmten Quellort (i.d.R. der Wohnort) ihre Einkäufe an einem bestimmten Angebotsort tätigen. Die Ergebnisse einer solchen Analyse können in unterschiedliche Weise interpretiert und dargestellt werden:

a) Zunächst können mehrere Einzugsgebiete mit ihren Zugehörigkeitswahrscheinlichkeiten ausgewiesen werden (z.B. Bewohner des  Siedlungsgebietes x (als Quellort) kaufen mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% Schuhe im Angebotsort A und mit 20% im Angebotsort B, die Bewohner des Siedlungsgebietes y kaufen mit je einer Wahrscheinlichkeit von 50% Schuhe im Angebotsort A und B).

b) In einer anderen Interpretation geben die Grenzen der Einzugsgebiete an, welcher Anteil der Personen aus einem Quellort (i.d.R. der Wohnort) seine Einkäufe in einem bestimmten Angebotsort tätigt.(1)

c) Ebenso können die Werte als Anteile der Ausgaben der Nachfrager aus einem Quellort (i.d.R. der Wohnort), die in einem bestimmten Angebotsort getätigt werden, verstanden werden. Wenn nach letzterer Sicht angegeben wird, welcher Anteil der Personen aus bestimmten Quellorten/Siedlungsgebieten an bestimmten Angebotsorten Einkäufe tätigt, lassen sich Quellorte/Gebiete mit gleichhohen Anteilen an der Kaufkraft zu Einzugsgebietszonen zusammen fassen. Diese Einzugsgebietszonen werden nach dem jeweiligen Ausmaß der Kaufkraftabschöpfung häufig eingeteilt in

Naheinzugsgebiet (als jener geographische Raum mit der höchsten Kaufkraftabschöpfungsquote innerhalb des Einzugsgebietes),
Mittleres Einzugsgebiet,
Ferneinzugsgebiet (als jener geographische Raum mit der niedrigsten Kaufkraftabschöpfungsquote innerhalb des Einzugsgebietes).

Für diese drei Gebiete wird die Kaufkraftabschöpfungsquote jeweils als Mittel- bzw. Durchschnittswert der zugehörigen Zonen ausgewiesen; eine weitere Untergliederung der Einzugsgebiete in entsprechende räumliche Bereiche mit einer wiederum abgestuften Kaufkraftabschöpfung wäre zwar grundsätzlich möglich, jedoch wird hierauf aus Gründen der Handhabung und Übersichtlichkeit meist verzichtet. Umsätze aus Orten und Gebieten, in denen jeweils nur eine Kaufkraftabschöpfung unterhalb einer bestimmten Schwelle erreicht wird, werden unter dem Begriff Streuumsätze zusammengefasst, obwohl diese Umsätze in der Summe für einen Einzelhandelsstandort durchaus von Bedeutung sein können (z.B. in touristisch geprägten Gemeinden). Die Orte und Gebiete, aus denen solche Streuumsätze generiert werden, zählen nicht zum Einzugsgebiet.

Die Zuordnung von Verbrauchern zu einem Einzugsgebiet erfolgt im Regelfall anhand des Wohnortes (Hauptwohnsitzprinzip). Zwar könnte es sich bei dem Ort, von dem aus Verbraucher ihre Einkäufe starten, auch um den Arbeitsort handeln, in Standortgutachten wird aber im Regelfall auf den Wohnort abgestellt, die Nähe zu arbeitsplatzintensiven Betrieben wird ergänzend herangezogen. Die Standortnähe eines Einzelhandelsbetriebes zu einem arbeitsplatzintensiven Unternehmen kann zu hohen Umsatzanteilen mit Verbrauchern führen, welche ihren Wohnsitz nicht in dem anhand der Wohnorte ermittelten geographischen Einzugsgebiet haben.

Bei der Ermittlung des Einzugsgebietes muss auch angegeben werden, auf welche Branchen sich diese Abgrenzung bezieht (sachlich relevanter Markt).

Das Einzugsgebiet ist nicht in allen Fällen mit dem Marktgebiet (hier = Absatzmarkt) gleichzusetzen. Der Absatzmarkt einer einzelnen Handelsunternehmung oder einer Aggregation von Handelsunternehmungen umfasst das räumliche Gebiet, in dem diese Unternehmungen ihre Kunden finden oder suchen, wobei alle Anbieter berücksichtigt werden, die von diesen Kunden als Einkaufsalternativen angesehen werden. Dazu können dann auch stationäre Handelsunternehmungen zählen, die ihre Verkaufsstellen außerhalb des Einzugsgebietes der angesprochenen andelsunternehmungen haben, aber zumindest von einem Teil der Kunden als Einkaufsort in Erwägung gezogen werden. So kann es beispielsweise sein, dass die Bewohner einer Gemeinde B nicht nur in der benachbarten Stadt A kaufen, sondern zum Teil auch in der Stadt C. Dadurch zählen die Anbieter in C zu den Wettbewerbern der Anbieter in A und umgekehrt; B gehört zum Marktgebiet der Handelsunternehmungen in A und C. Auch wenn kein Einwohner von C in A kauft, zählt C zum Marktgebiet von A, obwohl es nicht zu dessen Einzugsgebiet gehört. Aus diesem Grunde ist das Einzugsgebiet immer Teil des Marktgebietes, das Marktgebiet kann in seiner räumlichen Ausdehnung jedoch größer als das Einzugsgebiet sein.

Quelle

Definitionen zur Einzelhandelsanalyse © gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V., 01. Februar 2014, (1) Katalog E, 5. Ausgabe, S. 201